Ist ‚Industriefotografie‘ eine Bildgattung? Hat der Begriff einen ‚Erklärwert‘? Über Jahrzehnte hinweg musste konstatiert werden, dass die ‚Welt der Arbeit‘ sehr unterbelichtet ist. Gründe sind die Restriktionen durch Betriebe, aber auch der Status der Arbeit im Kapitalismus als ‚abhängig und entfremdet‘ oder ‚kollektiviert und ideologisiert‘ im Sinne des Helds der Arbeit. Auch die Aufzeichnung von kollegialen und hierarchischen Beziehungen bei der Arbeit hat man praktisch nie gesehen.
Die Ausstellung im Deutschen Historischen Museum erfreut sich regen Zulaufs. Aufklärerisch werden aber vielleicht erst zukünftige Ausstellungen, die diese differenzierter fortführen. Dass DHM hat sich seit seinem Bestehen auf die Linie festgelegt ‚wir parallelisieren Ost- und West‘, welchen Sinn das haben soll, ist wohl eher eine Legitimation für’s Museum. Die Ausstellung ist tautologisch, wenn die Auswahl aus ‚image‘-Bildern, Publicity-Fotos, offiziellen Bildern besteht, um sich dann überrascht zu zeigen, dass sie für Messen und Broschüren verwandt wurden.
Somit sind die Bei-Aspekte der Ausstellung eher erkenntnisversprechend. Die ungute Paralleliserung von Fotos, die Dekaden auseinanderliegen, zeigt indirekt, wie schnell wirtschaftliche Entwicklung im letzten Jahrhundert voranschritt. Die falsche Parallelisieren von Bildstereotypen, zeigt die Nichtabbildbarkeit der Funktionen industrieller Prozesse, insbesondere deren Produktivität. Der schönere Hochofen muss nicht der produktivere sein. Die Auswahl von Industriezweigen, zeigt, dass Musealisierung – Beispiel ist die deutsche Textilindustrie – den Zugriff auf Fotos verändert, vom Firmenarchiv über das Museumsarchiv in’s Staatsarchiv.
Ob man angesichts eines glühenden Stahlzylinders an ‚schwer und gefährlich‘ denkt, oder an den Preis und Gewinn oder aber an Fortschritt durch Technik, liegt im Auge des Betrachters und wird in der Ausstellung nicht weiter begründet.
Der Günter-Walraff-Impetus oder eine gewerkschaftliche Sicht auf die Industrie sind nicht ausgwählt, dafür wird auf eine Display-Ästhetik gesetzt und ein sehr grobmaschiges Geschichtsmodell von Industrieentwicklung. Somit verschwimmt, ob die Ausstellung ‘Fortschritt’ als Ideologie problematisieren will oder Wirtschaftsentwicklung ihr Thema ist.
Die Wirkmächtigkeit von Industrie-Fotografie rührt nicht notwendigerweise aus dem Bildgegenstand her, aber schön, dass es Bildgegenstände gab. (tn) Pei-Bau bis 29.Mai
auf der Suche nach IndustriefotografInnen Blog-Beitrag als Echo auf die Ausstellung
22.März KuratorInnenführung 18:30 Uhr
29.März Prof. Friedrich Tietjen führt 18:30 Uhr
31.März Filmprogramm Industriefilme bewerben Fotografie, Film und Magnetband zum Beispiel mit dem Industriefilm mit Licht schreiben, Musik von dem legendären Oskar Sala 18:00 Uhr
Foto: Labor der Filmfabrik Wolfen 1967 © Wolfgang G. Schröter
