Bei der Schleuse der Spree in Fürstenwalde liegen die Samariteranstalten. Die Kirche steht seit 1925, die Anstalten waren schon im 19. Jahrhundert gegründet. Zu Zeiten der DRR, ab1979, fotografierte dort ein Jahr ein Student der Hochschule für Grafik und Buchkunst. Die Aufnahmen würden seine Abschlussarbeit werden und letztlich mit dem Titel was ‚für eine Insel in was für einem Meer eine der bedeutendsten Fotografie-Publikationen innerhalb der DDR. Allerdings vom Staat nicht gewünscht und sie brachten den damals dreißigjährigen Dietmar Riemann in Konflikte.
Auch der Lukas Verlag macht die Bilder vom Leben mit geistig Behinderten zu einem Teil der Anthologie die Kunst der Nächstenliebe und sagt zur Situation der Fotografen damals: ‚pflegebedürftige Personen und der oft aufopferungsvollen Mitarbeiter waren in diesen Foto-Aufträgen nicht vorgesehen, wurden aber von den Fotografen für wichtig erachtet. Sie schufen beeindruckende Aufnahmen, die von Würde und menschlicher Zuneigung in einer unwirtlichen Umgebung erzählen und zugleich einen Gegenentwurf zum propagierten Bild der sozialistischen Gesellschaft darstellten.‘
Mit dem, was wir heute wissen, beschreibt Urszula Usakowska-Wolff: ‚Die ausgewählten Porträts sind ein ergreifendes Plädoyer für die Menschlichkeit, ein Zeitdokument mit einem überzeitlichen Charakter. Deshalb prägen sie sich, genauso wie die Bilder der großen US-amerikanischen Fotografinnen und Fotografen Dorothea Lange, Diane Arbus, Helen Lewitt, Walker Evans oder Arthur Rothstein, so tief ins Gedächtnis ein. Sie stellen die gesellschaftlichen Normvorstellungen und Stigmatisierungen in Frage und zeigen, dass jeder Mensch einzigartig ist und als solcher akzeptiert und respektiert werden muss.‘
Auch hier in Berlin hat Riemann fotografiert, seine Serie von 1985 zeigt das Altenheim Elisabeth-Stift in Mitte, Riemann’s Titel für die Dokumentation: ‚Warten‘. Was Riemann damals vorfand und wiedergab ist gesellschaftlich heute weithin Diskussionsstoff, es erscheinen Bücher über den Abschied von den Eltern, über die Einsamkeit der Pflegenden, die wirtschaftliche Unsicherheit von Rentnern. Berliner Sozialgeschichte liest, wer sich Zeit für diese Fotos nimmt. (tn) Eintritt frei mit Identitätsnachweis, auch sonntags Willy Brandt Haus bis 28.April
Foto-Grafiker zu leihen in den Lesesaal der Landesbibliothek und zu kaufen beim Kerber Verlag
schöne Grüße aus der DDR – Fotografien 1975-1989 zu leihen über Berlins öffentliche Bibliotheken, darin auch Fotos der Serien ‚Warten‘ und ‚was für eine Insel in was für einem Meer‘
pdf Vorschau, Bildstrecke Seite 83ff
Foto: aus der Serie zum Elisabeth Stift Mitte der 80er Jahre © Dieter Riemann